Thurgau genervt: St.Gallen hat Zuschlag für Deutschkurs

Thurgau genervt: St.Gallen hat Zuschlag für Deutschkurs

2. Januar 2020 0 Von Sabina Peter Köstli

Wiler Nachrichten, 19.12.2019 09:35

Thurgauer RAV-Klienten, die Deutschkurse besuchen, werden seit einem Jahr von einer St.Galler Schule unterrichtet. Keine Thurgauer Schule hat es geschafft, den Zuschlag dafür zu erhalten. Kantonsrat Turi Schallenberg hat beim Regierungsrat nach dem Grund gefragt. Dieser nimmt Stellung.

Thurgau «Mit der Verschiebung der Deutschkurse nach St.Gallen fallen im Thurgau Arbeitsplätze weg», sagt Kantonsrat Turi Schallenberg. «Auch könne die Verpflegung der Kursteilnehmenden nicht mehr im Kanton erbracht werden und der Anfahrtsweg für Kursteilnehmende sei länger.

Verlorene Wertschöpfung

Zusammengefasst: «Die Wertschöpfung dieser Kurse findet nicht mehr im Kanton Thurgau statt, was problematisch und schade ist», so Schallenberg. Aktuell findet in Frauenfeld ein Kurs statt. Doch auf Januar 2019 hat die HDS St.Gallen den Zuschlag für den zweiten Kurs erhalten. Sie hat den Kursstandort Romanshorn gewählt. Dies, obwohl zwei Thurgauer Anbieter ein Angebot eingereicht hatten. Schallenberg wollte vom Regierungsrat wissen, wieso dem so ist. Dieser relativiert die Standortsorge. «Die Kurse werden weiterhin im Kanton Thurgau angeboten. In Frauenfeld und in Romanshorn», so der Regierungsrat. Die Ausschreibung für die Standorte habe öffentlich stattgefunden und habe der möglichst regelmässigen Verteilung über das Kantonsgebiet gedient.

Qualitätsmerkmale entscheiden

Nach Prüfung von Qualitäts- und Preismerkmalen sei der Zuschlag dann der St.Galler Schule zugesprochen worden. Jährlich würden ungefähr 700 Teilnehmer den Kurs besuchen. Doch dies könnte sich schon bald ändern. «Aufgrund der aktuellen Nachfrage ist davon auszugehen, dass künftig im Kanton Thurgau wieder eher mehr als weniger Lehrpersonen für Deutschkurse eingesetzt werden», so die Regierung.

Jana Cucchia

Josef Gemperle

«Es ist aus meiner Sicht sehr zu begrüssen, wenn Kundinnen und Kunden der RAV-Regionalstellen Deutschkurse besuchen und damit ihre eigenen Chancen am Arbeitsmarkt deutlich verbessern. Genau dies muss doch auch oberstes Ziel des Amtes für Wirtschaft und Arbeit (AWA) sein, denn je schneller Arbeitsuchende wieder eine Stelle finden, desto weniger Kosten fallen für die Arbeitslosenversicherung an. Warum das Amt für Wirtschaft und Arbeit sich freiwillig und offenbar zu früh und in falscher Einschätzung der zukünftigen Rechtslage dem öffentlichen Beschaffungsrecht unterstellt, ist mir schleierhaft und unverständlich. Warum Deutschkurse mit grosser Nachfrage von bisher drei auf neu zwei Standorte ausgeschrieben werden, ist auch vor dem Hintergrund der Klimafrage und den ungelösten Problemen auf Strasse und Schiene für mich nicht nachvollziehbar und eine unnötige Schikane für die Besucherinnen und Besucher von Deutschkursen. Die regierungsrätliche Antwort ist für mich wenig überzeugend. Ich verlange raschmöglichst eine Korrektur in dieser Angelegenheit.»

Sabina Peter Köstli

«Die Durchführung der RAV-Deutschkurse ab 2020 wurde gemäss aktueller Antwort des Regierungsrats öffentlich ausgeschrieben, was eigentlich einem transparenten Auswahlverfahren entspricht. Der Vergabeentscheid ist allerdings nicht nur aus Sicht der fehlenden Wertschöpfung im Kanton Thurgau zu betrachten. Die Sprache ist bekanntlich der Schlüssel zur Integration und zur Arbeitsmarktfähigkeit. Die Teilnahme an Deutschkursen erfolgt in Absprache und mit dem Einverständnis der Stellensuchenden. Als ehemals für die Integration in der Gemeinde Aadorf zuständige Gemeinderätin ist mir bekannt, wie wichtig die Nähe der Kursangebote ist, damit sie auch genutzt werden. Ich bedaure es daher sehr, dass aus drei Deutschkursstandorten, also Arbon, Frauenfeld und Weinfelden, zwei gemacht wurden. Heute finden die Deutschkurse nur noch in Frauenfeld und Romanshorn statt. Dies unter dem Aspekt der ‘möglichst regelmässigen geografischen Verteilung über das gesamte Kantonsgebiet und der Optimierung der Anfahrtswege’. Das finde ich sehr schade.»